14 Januar, 2011

dieses seltsame Verhältnis zwischen dem wissen ... und der wirklichen Geschichte

"Ich glaube, dass mein Problem dieses seltsame Verhältnis zwischen dem Wissen, der Gelehrtheit, der Theorie und der wirklichen Geschichte ist. Ich weiß sehr wohl - und ich glaube, ich habe das seit meiner Kindheit gewusst - , dass das Wissen nicht die Macht hat, die Welt zu verändern. Ich habe vielleicht Unrecht. Und ich bin sicher, dass ich von einem theoretischen Standpunkt aus Unrecht habe, denn ich weiß sehr wohl, dass das Wissen die Welt verändert hat.
Doch wenn ich mich auf meine eigene Erfahrung beziehe, habe ich das Gefühl, dass das Wissen nichts für uns vermag, und dass die politische Macht fähig ist, uns zu zerstören. Alles Wissen der Welt kann da nicht gegen an. All das, was ich sage, hängt nicht mit dem zusammen, was ich theoretisch denke (ich weiß, dass es falsch ist), sonder mit dem, was ich aus meiner eigenen Erfahrung herleite. Ich weiß, dass das Wissen Macht hat, uns zu verwandeln, dass die Wahrheit nicht bloß eine Art und Weise ist, die Welt zu entschlüsseln [...], sondern dass ich dann, wenn ich die Wahrheit erkenne, verwandelt sein werde. Und vielleicht gerettet. Oder ich werde dann sterben, aber ich glabue auf jeden Fall, dass das für mich dasselbe ist."
[Michel Foucault: Dits et Ecrits IV, S. 654]